Einen Moment bitte...

www.tim-deutschmann.de

1002 Aufrufe Bewertung
09. Dezember 2021

Kommentierung von Carmen Losmanns OECONOMIA

2020 veröffentlichte Carmen Losmann[+] ihren Dokumentarfilm Oeconomia. Ich möchte einige Aussagen des Films kommentieren und ziehe am Ende mein Fazit darüber, wie man mit Frau Losmann[+] umgegangen ist.

Oeconomia (2020) von Carmen Losmann[+].
Beginn der Bezahlwand

Kommentierung und Ergänzung problematischer Aussagen

14:55 T. Mayer, dass ja niemand gezwungen sei Kredite aufzunehmen.

Diese Aussage ist grundlegend falsch. Aufgrund der Verschuldung besteht auf der Seite der Kreditnehmer ein permanenter Kontrahierungszwang[+], den ich hier in mehr Details beschreibe.

Es wird bei 16:45 behauptet, dass sie EZB[+] den Kreislauf zwischen Wachstum[+] und Kreditaufnahme weiter am Laufen halten wolle.

Auch das ist eine Falschaussage, denn die Folge negativer Guthaben- und Kreditzinsen ist langfristig eine Bilanzverkürzung, weil Guthaben in Schulden umverteilt werden. Daraus entsteht negatives Wachstum[+] bei gleichzeitiger Umverteilung von reich zu fleißig!

17:32 Auf die Frage nach den gesamtwirtschaftlichen Folgen der Schuldenaufnahme "hakt einer ein". Das Gespräch soll verkürzt werden. Die Befragten wollen genau das Ziel der Filmemacherin wissen. Statt 2 Stunden gibt es nur eine halbe Stunde Interview. Wie will man da zentrale Mechanismen verstehen können?

Bei 24:00 wird über die Geldschöpfung[+] gesprochen. Richtig ist: Geschäftsbanken[+] können das Volumen eines Kredites aus zwei Quellen schöpfen:

26:30 Richtig ist: das QE[+] (Quantitative Easing, quantitative Lockerung) Programm der EZB[+] dient dem Zweck[+] den Zins abzusenken, damit es nicht zu einem Crash kommt, denn das Mandat lautet "Preisstabilität", die in einem Crash gefährdet würde.

26:36 Auf die Frage „Warum haben die Geschäftsbanken[+] aufgehört Kredite zu vergeben?“ ist die richtige Antwort: Es gab nach der Krise 2007/2008 bereits Löcher, also geplatzte Finanzblasen, und es war unklar, wer überhaupt noch positive Schuldzinsen zahlen kann.

Ab 28:00 Es wird nur von Geldschöpfung[+] geredet, aber nicht über die beteiligten Kreditzinsen, und die sind das Entscheidende, von dem der Wachstumszwang[+] herrührt! Irreführend ist auch der Satz, dass das Geld verschwinden würde, wenn der Kredit getilgt wird, denn es entsteht ja zusätzliches Geld i.H.d. Kreditzinsen.

Um 30:00 Richtig ist, dass alles aus dem Nichts geschöpfte Geld durch die Tilgung wieder verschwindet. Bei positivem Zins jedoch zahlt der Schuldner mehr Geld zurück, als er erhalten hat. Der Zins ist also durch die Tilgung der Kreditzinsen neu entstanden.

34:48 „Wie entsteht Geld für Gewinne?” Damit sind Vermögensgewinne gemeint. Hierbei geht es nun um die positiven Zinsen, ohne dass sie explizit genannt werden.

37:30 Die Bedingung für das Wachstum[+] von Vermögen ist das Wachstum[+] der Realwirtschaft. Richtig ist aber auch, dass die Schuldzinsen das Wachstum[+] erzwingen. Man erkennt auch, dass es im Interesse der Vermögenden liegt, dass das Wohlstandsmodell der westlichen Welt auf die übrige Welt übertragen wird, dass also alle Länder mit der Zeit[+] Handys, Autos und Kühlschränke haben, denn ist dieser Wandel durch Kredite mit positivem Zins finanziert, dann können die Vermögen der Leihkapitalgeber, bei uns die Sparer, daran wachsen[+].

39:23 Wo das Geld für die Gewinne herkomme. Das sei eine gute Frage. Der BMW-Finanzchef führt Frau Losmann[+] an der Nase herum.

47:00 Der BMW Group Finanzvorstand weiß es auch nicht, dabei ist es ganz klar. Die Sparer sparen und nehmen Zinsen von Kreditnehmern. Kreditnehmer tilgen die Zinsschulden durch Arbeit[+]. So erbrütet die ganze Volkswirtschaft immer mehr Geld. Es sind vor allem die Reichen, die mit ihren Ausgaben den Unternehmen mehr Gewinne bescheren, wenn die Reichen nicht sparen! Was an neuen Schulden entsteht, denn der Kreditzins wird ja nicht nicht mitgeschöpft, wird später als neuer Kredit wieder aufgenommen.

48:09 „Inwieweit könnte man sagen, dass Sie eigentlich durch die Autokredite/Autofinanzierung das Geld für Ihre Gewinne damit auch selbst produzieren?“ „Sie vergeben neue Autokredite und damit tragen Sie selbst zu einer Geldmengenerweiterung[+] bei.“

Das ist die richtige Frage. Durch die Tilgung der Kreditzinsen erbrütet die Volkswirtschaft immer mehr Geld, das immer mehr Konsum ermöglicht.

50:20 Es kommt die Feststellung: Die Geldmenge[+] wächst[+], wenn die Wirtschaft wächst[+]. Die Wirtschaft wächst[+], wenn die Geldmenge[+] wächst[+].

Da jedoch bei dieser Betrachtung nicht über den Zins gesprochen wird, muss man glauben, dass die Ausweitung der Bilanz infolge des QE[+] Programms der EZB[+] dem Zweck[+] dient, neues Wachstum[+] zu schaffen.

Nebelbomben

58:58 „Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und privatem Vermögensaufbau?”

Der Staat verschuldet sich, indem er über seine nationale Notenbank Staatsanleihen ausgeben lässt. Der Schuldzins dieser Anleihen[+] wird als 'Staatsanleihenrendite[+]' bezeichnet. Die Staatsanleihenrenditen[+] lagen vor 2012 ausschließlich im positiven Bereich, so dass die Käufer von Staatsanleihen[+] Zinsen dafür bekamen, dass sie dem Staat Geld geliehen haben.

Sind also in einem Vermögensportfolio Staatsanleihen[+] mit positiver Rendite vorhanden, dann dient die Staatsverschuldung den Käufern der Staatsanleihen[+], also der Staatsschulden, direkt zum privaten Vermögensaufbau!

Interessant ist dann zu fragen, von wem der Staat diese Zinsen für seine Staatsschulden hernimmt: Es ist der Steuerzahler, der mit seinen Zahlungen an den Staat direkt zum Vermögensaufbau beiträgt. Im Haushalt tauchen die Staatsschulden als 'Schuldendienst' auf. Genau dieser Zusammenhang wird leider von dem die Frage der Frau Beantwortenden verschleiert! Es sei kompliziert, wird da behauptet. Dabei ist es das gar nicht. Der Zuschauer kann dies jedoch nicht erkennen, wenn er keine Ahnung von den relativ banalen Vorgängen hat. Er lenkt die Beantwortung der Frage auf ein Problem der ökonomisch Starken, nämlich die hohe Steuerlast. Seine Aussage ist also zusammengefasst, dass das Problem des Vermögensaufbaus die hohe Steuerlast sei. Die Frage lautete jedoch, wie Geldvermögende von der Staatsverschuldung profitieren.

So funktioniert das Zins-Geschwurbel und das Werfen von Nebelbomben!

Subtile Hetze gegen die gegenwärtige EZB Geldpolitik

1:10:55 „Wenn private Vermögen in dem Maße wachsen[+], was bedeutet das dann auf der anderen Seite für die Verschuldung?“ Antwort vom Allianz-Mitarbeiter: Verschuldung erzeugt mehr wirtschaftliche Aktivität und mehr Wachstum[+].

Wenn man diese Antwort einfach so stehen lässt, ohne die Rolle der positiven Schuldzinsen dabei zu berücksichtigen, dann versteht man ihre Aussage gar nicht. Es ist nämlich so, dass der Schuldner aufgrund der positiven Zinsen dem Gläubiger mehr zurückzahlen muss, als er bekommen hat. Dieses Mehr erzeugt das Wachstum[+] und wirtschaftliche Aktivität in dem Sinne, dass rationalisiert werden muss. Die Prozesse der Schuldner, seien es private Haushalte, öffentliche Haushalte oder Unternehmen und Betriebe der Wirtschaft, müssen zum Zweck[+] der Einsparung der Schuldzinsen "optimiert" werden, was beim Staat 'Austerität[+]' genannt wird und bei den Unternehmen 'Rationalisierung'. Eine logische Folge davon ist die Automatisierung und die Digitalisierung. Zusätzlich entsteht durch die Tilgung der Schuldzinsen auf der Seite der Schuldner mehr Geld, das den Gläubigern zufließt, sodass den Gläubigern nach Tilgung der gesamten Schuld insgesamt mehr Geld als zuvor zur Verfügung steht und dass also ihre Konsummöglichkeiten wachsen[+]!

Worin besteht die subtile Hetze? Lässt man die Aussage ganz so stehen, dann könnte man meinen, die Anleihenkaufprogramme[+] der EZB[+] (QE[+], PEP) würden dem Zweck[+] dienen, die Reichen weiter zu bereichern. Doch dieser Schluss ist falsch, denn die beabsichtigte Wirkung des QE[+] Programms ist es, dass die Zinsen sinken, um einen Zusammenbruch der €-Zone aufgrund der hohen Staatsverschuldung zu verhindern. Zudem propagiert die EZB[+] seit Mario Draghi[+] negative Zinsen, die nicht mehr dem privaten Vermögensaufbau dienen, sondern eher einer Vermögensbesteuerung gleichen.

Der Allianz-Mitarbeiter offenbart zudem sehr deutlich den perversen Mechanismus der ansteigenden Staatsverschuldung: Wenn die Staaten aufgrund des zunehmenden Unvermögens, die Schuldzinsen bedienen zu können, instabiler werden, dann macht sich das Kapital, "das scheue Reh" davon.

Die Hetze gegen die gegenwärtige EZB[+] Geldpolitik[+] aus den Kreisen der Profiteure des Systems ist übrigens typisch für diese Zeit[+]. Ich habe am 23.08.2019 und am 27.05.2019 darüber geschrieben.

Geht es nicht auch ohne Wachstum?

1:15:10 „Wieso können wir nicht einfach aufhören zu wachsen[+]?“ Das Problem sei, dass nur investiert werde oder wirtschaftliche Aktivitäten nur dann stattfinden würden, wenn es Rendite gäbe, wenn es also mehr Einnahmen als Ausgaben gäbe.

Diese Analyse teile ich und spreche über das Zinsniveau[+] im Währungsraum als ein Renditefilter, der Rentabilitäten unterhalb des Zinsniveaus[+] systematisch ausschließt, vgl. Einträge vom 02.12.2020 und vom 21.03.2019. Richtig ist auch, wie es der Herr mit dem blauen Sako sagt, dass immer mehr Natur in Geld umgewandelt wird. Er sagt, es gebe zwar z.B. immer mehr Gläser, doch würden die gar nicht gebraucht. Wir produzieren für die Tonne, sage ich da. Wir haben eine Wegwerf-[+] und Überflussgesellschaft[+]. Wir gehen bei positivem Zins zwar sparsam mit dem Geld um, aber und der positiven Zinsen wegen nicht sparsam mit den natürlichen Ressourcen. Die Kultur erbrütet durch die Tilgung von Kreditzinsen immer mehr Geld und erhofft sich in der Zukunft die Bezahlung der ökologischen Schäden leisten zu können. Dies ist jedoch bei irreparablen Schäden an der Substanz des Lebensbaumes ein schwerer Irrtum!

Der Kapitalismus und die ökologische Krise

1:17:37 Wenn das Kapital wachsen[+] soll, dann muss die Geldmenge[+] immer weiter ausgeweitet werden, wozu es immer neue Investitionsmöglichkeiten braucht. Es wird aber nur in gewinnbringende, profitträchtige Unternehmen investiert. [...] Den Wald können sie nur dann kaufen, wenn sie ihn anschließend bewirtschaften. Sie müssen ihn abholzen und das Holz zu Geld machen. Sie sagt, dass wir uns in einer Art Wettrennen befänden. Die Frage sei wer zuerst kapituliere, unser Ökosystem[+] oder der Kapitalismus[+].

Diesen Aussagen kann ich mich nur anschließen, doch bleibt auch hier wieder der Zusammenhang mit dem Zins im Verborgenen.

Fazit

Die gute Frau Losmann[+] ist mit ihren Fragen sehr dicht an den Kern des Problems herangerückt. Sie stellt die richtigen Fragen und erhält aber Antworten, die das Wesentliche des Kapitalismus[+], nämlich die mit positiven Zinsen versehene Schuld, verschweigen[+]. Leider hat sie die Beantwortung ihrer Fragen denjenigen überlassen, die von diesem System, dem Kapitalismus[+], der Positivzins-Ökonomie[+] profitieren. Sie konnte daher von vorneherein nicht erwarten, dass sie die ganze Wahrheit über den Kapitalismus[+] erfährt.

Ich sehe in Oeconomia eine leider nur bedingt sehenswerte Dokumentation über die kapitalistische Ökonomie[+]. Man meint zwar, das fehlende Wissen über elementare Zusammenhänge des Geld- und Finanzsystems selbst bei Bankern[+] und Finanzexperten, die sich noch darüber lustig machen, zu erkennen, doch halte ich das für einen Irrtum. Ich vermute, dass die Herren sehr genau wissen, wie das Geld entsteht, dass sie aber darüber schweigen[+], um die Latenz[+] aufrecht zu erhalten.

Um es ganz klar zu sagen: Geld entsteht (wird produziert) durch die Tilgung von (positiven) Kreditzinsen! Im Film wird systematisch der Vorgang der Geldschöpfung[+] verwechselt mit der Produktion von Geld infolge der Tilgung von positiven Schuldzinsen.

Zudem werden vertrauensunwürdige Ökonomen wie z.B. Thomas Mayer oder Norbert Häring genannt, die man vermutlich einfach nur deswegen zu Wort kommen ließ, weil sie exponierte Persönlichkeiten in diesem hochsensiblen Bereich des Systems sind.

Besonders hervorheben möchte ich: Über die andere Hälfte der Ökonomie[+], die Negativzins-Ökonomie[+], fällt kein Wort.

Das Gute ist: Sie hat die richtigen Fragen gestellt und an diesem Punkt alles richtig gemacht. Es ist ja kein Problem, die Antworten auf die Fragen um das zu ergänzen, was den Antworten der Profiteure fehlt, nämlich welche Rolle dabei die positiven Zinsen spiel(t)en!

Ende der Bezahlwand

Vielen Dank dafür, dass Sie den Artikel bewerten möchten. Es dauert nicht lange.

Beurteilen Sie den Artikel ganz grob, bitte.
Wie ist die Form und Struktur? Ist der Artikel logisch aufgebaut, die Argumente und Begriffe klar und sind die Schlussfolgerungen nachvollziehbar?
Wie ist Ihre emotionale Reaktion auf den Artikel?

Querverweise auf 'Kommentierung von Carmen Losmanns OECONOMIA'

Tim Deutschmann

USt-IdNr.: DE342866832

E-mail: autor@tim-deutschmann.de

Kontaktformular

Keltenweg 22
69221 Dossenheim
Deutschland

Impressum