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18. August 2017

Aus einer Email

Liebe XXX,

hier kommt ein bisschen mehr zu der Frage „Warum habe ich Schulden?“

Die einfache und kurze Antwort ist, dass ein Mensch, der nicht über Eigentum[+] verfügt, das für diesen Menschen leistungslos Zinsen, Renditen, Profit und so weiter generiert, in dem bestehenden System nicht das Recht[+] hat, selbstbestimmt zu handeln, wenn das Handeln nicht durch allgemeingültige Kriterien als allgemein vernünftig[+] angesehen werden kann.

Das kapitalistische System betrachtet sich nach wie vor als vernünftig[+] und ignoriert dabei völlig die Kollateralschäden unserer kapitalistischen Existenz. Jemand, der von den Zinsen seines Eigentums[+] leben kann, ist vollkommen frei in dem was er tut, und viele dieser Teufel sehen als Sinn ihres Lebens auch nur die Vermehrung ihres Eigentums[+], also ihrer zukünftigen Freiheit[+]. Das Sparen ist eine Vorsorge in der Gegenwart für die Zukunft. Die Wirkung ihres Handelns auf der Grundlage der Gegebenheiten des Systems ist diesen Menschen nicht bewusst und sie müssen sie verdrängen, wenn sie nicht angesichts ihrer Schuld seelisch zusammenbrechen wollen.

Hingegen ist ein Mensch, der zu Miete wohnt und bisher nicht selbstständig beschäftigt war gegenüber dem Staat nicht berechtigt, für eine beliebige Tätigkeit ein Einkommen in Höhe des Arbeitslosengeldes[+] 1 oder 2 in Anspruch zu nehmen. Wir haben noch kein bedingungsloses Grundeinkommen, das echte, (multiple) Kontingenz ermöglichen würde. Die Gewährung von Arbeitslosengeld[+] wird als eine Art existenzsichernde Leistung des Staates angesehen. Grundbedingung für den Bezug von Arbeitslosengeld[+] ist jedoch die Bemühung des Arbeitslosen[+] um Anschluss innerhalb der kapitalistischen Ordnung[+], und meine Tätigkeit ist eine Reflektion des Kapitalismus[+] mit dem Ziel seiner Abschaffung, denn die allgemeine Lage lässt sich nicht mehr innerhalb des Kapitalismus[+] lösen.

Das letzte Mal zu diesem Zeitpunkt[+], dieser Phase im Prozess des Kapitalismus, also um 1933 (siehe Türkei heute), steuerten wir bereits direkt in die Katastrophe des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs.

Ich bin seit Januar 2015 fertig promoviert und habe mehrere Monate lang versucht, eine Anstellung in der Erforschung der sozioökonomischen Wirkung positiver und negativer Zinsen zu bekommen. Dazu habe ich bei Lehrstühlen der Psychologie, der Soziologie[+], der Ökonomie[+] und Lehrstühlen für theoretische Ökologie angefragt, doch passte den von mir Angesprochenen anscheinend meine Qualifikationen nicht ins Bild. Wie Du an meiner Seite unzweifelbar erkennen kannst, ist Interdisziplinarität eine unerlässliche Grundbedingung für die Erfassung der Gesamtwirkung des Zinsvorzeichens. Als ich das nach mehreren Monaten Nachdenkens Anfang 2015 begriff und auch verstand, dass die meisten Menschen überhaupt keine Ahnung haben, was der Zins mit ihnen gemacht hat, sah ich keinen anderen Weg, als selbstbestimmt an der Sache zu forschen und die Ergebnisse in Form einer Internetseite aufzuschreiben.

Damals, also vor zweieinhalb Jahren, waren negative Zinsen Science Fiction und wurden von den meisten Menschen als große Spinnerei oder gar als Geisteskrankheit betrachtet. Vor diesem Hintergrund sah ich es auf Grundlage meines damaligen Wissensstandes über das Thema (ich wusste noch fast gar nichts) als unmöglich an, meine Tätigkeit gegenüber dem Jobcenter in Heidelberg als gemeinnützig, also vernünftig[+], zu rechtfertigen. Eine Auseinandersetzung mit der Behörde hätte mich sicher so durcheinander gebracht, dass ich nicht in Ruhe hätte forschen können. Ich ging der Auseinandersetzung mit der Behörde also aus dem Weg, um Zeit[+] zu haben, an meinem Buch zu arbeiten und zog meinen Antrag auf Gewährung von ALG 1 o. 2 zurück.

Die Konsequenz dieser Entscheidung war, dass meine Krankenkasse von mir weiter Beiträge einforderte, die ich jedoch nicht bezahlen konnte, weil ich über keinerlei Einkommen verfügte. Ich widersprach der Forderung früh im April 2015, und führte in der Sache zwei Rechtsstreite[+] vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht Mannheim. Aufgrund der Gesetzeslage ist jeder Mensch dazu verpflichtet, Krankenversicherungsgebühren zu zahlen, ob er über Einkommen verfügt oder nicht. Deswegen verlor ich die Prozesse. So sind an mir Beitragsforderungen der Krankenversicherung Barmer in Höhe von über 10.000 € entstanden, weil die Krankenkasse meine Tätigkeit als selbstständig einordnete und die Gebührenforderung auf über 600 € pro Monat erhöhte.

Ich betrachte diese Menschen als vollkommen wahnsinnig.

Erich Fromm würde zum übrigen Thema der Depression[+] vielleicht sagen:

„Sei froh darüber, dass Du ein Symptom hast, denn die Kränkesten sind die Normalsten und die Normalsten sind die Kränkesten. Glücklich ist, wer ein Symptom hat.“

Aufgrund meiner eigenen Überlegungen finde ich folgende Aussagen zu Depressionen[+]:

Depression[+] ist die Angst[+] vor der Selbstbestimmung, Angst[+] vor der eigenen Freiheit[+] und dem Gefühl der Kontingenz. Depression[+] kann durch selbstbestimmtes Handeln überwunden werden.

Ich habe hier einen Artikel für Dich, der Dich vielleicht weiterbringt, ansonsten kann ich Dir nur das Studium meiner Seite empfehlen oder, besser noch, dass Du selbst darüber nachdenkst, welche Wirkung der positive Zins hatte und welche Wirkung der negative Zins haben wird.

Liebe Grüße,

Tim

P. S. Aus einer E-Mail an meinen Bruder:

Kontingenz versus Notwendigkeit[+], Freiheit versus Zwang, Selbstbestimmung versus Fremdbestimmung

Lieber Bruder,

hier habe ich einen Artikel gefunden in einem Internet-Portal mit den Namen derFreitag. Es geht um die Frage, wie Menschen mit Kontingenz und der daraus entstehenden Verantwortung umgehen. Es gibt Menschen, die Depressiven, die Angst[+] vor (ihrer) Kontingenz haben.

Viel Spaß :)

Quelle: https://www.freitag.de/autoren/wendemann/kontingenz-angst-und-befreiendes-denken

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community von einem W. Endemann (Zitat!):

Man kann diesen Beitrag als Kommentar zu Lethes Genese eines Wahns lesen, wobei man die Selbstdiagnose eines Wahns nicht allzu wörtlich nehmen sollte, was gesagt wird, wird von allen ernst gemeint. Damit man den Beitrag ohne die Vorlage verstehen kann, hier eine kurze einleitende Bemerkung zum Thema. Eine Kontingenzerfahrung ist für viele Menschen negativ, für manche mit Angst[+] verbunden. Und viele kämpfen aussichtslos gegen diese Angst[+] an, die sich auch am Sterbenmüssen und der heillosen Überforderung des Denkens festmacht.

Ich werde im Folgenden aufzählen, wo ich bei diesem Thema, in blog und thread Ungenauigkeiten, Irrtümer und Denkfehler sehe.

1. Kontingenz und Notwendigkeit[+] sind komplementäre Relativbegriffe. Wäre die Welt vollkommen kontingent (unbestimmt) oder vollkommen notwendig (determiniert), könnte sie nicht gedacht werden. Tatsächlich beruht unser Wissen auf Notwendigkeit[+], strikter (unbedingter), bedingter und schwacher, probabilistischer, aber eben überzufälliger. In der Naturwissenschaft ist nach wie vor der Determinismus tonangebend, selbst in der QT gibt es deterministische Deutungen (Multiversen, verborgene Parameter) Aber auch wenn unser Universum nur praktisch, wegen Kompliziertheit, nicht vollständig bestimmbar wäre, müßte man die Frage zulassen, ob diese deterministische Welt als Ganze nicht kontingent ist, also andere Welten möglich und womöglich existent sind.

2. Allbegriffe (Sein) und Allnichtungsbegriffe (Nichts) sind nur als technische oder operative, also als formallogische Begriffe sinnvoll, haben keinen ontologischen Sinn.

3. Man muß unterscheiden, ob sich Kontingenz auf Dinge, Sachverhalte oder auf das Denken bezieht/beziehen soll. Die Notwendigkeitserfahrungen[+] sind primär, die ersten schmerzhaften Verletzungen, das erste „Nein“. Die ersten tiefergehenden Kontingenzerfahrungen treten in der Regel erst in der Pubertät auf, wenn die Selbstbildung und -reflexion so weit entwickelt ist, daß sich die Frage stellt, ob etwas (insbesondere was das Subjekt betrifft) notwendig ist wie es ist. In dieser Lebensphase lernen die Menschen, sich im Spannungsfeld von Kontingenz und Notwendigkeit[+] einzurichten. Wobei es eine angeborene Disposition zu mutigem, risikofreudigem oder zu vorsichtigem, berechnendem Verhalten gibt.

4. Im Extrem führt das bei dem einen Typus zu paralysierender Angst vor Freiheit, bei dem anderen zu zwanghaftem[+] Anrennen gegen alles Beschränkende. Die Psychologie erkennt diese Extreme als psychische[+] Krankheiten, die das betroffene Individuum vom Großteil seiner Lebensmöglichkeiten abhalten und unglücklich machen. Der psychisch[+] Gesunde findet in den Mittellagen[+] sein individuelles Gleichgewicht, das er gezielt verlassen kann, dem er aber immer wieder zustrebt (Homöostase[+]). Lebensgeschichtlich ändert sich dieser ideale Ort, an dem das Individuum seine maximale Harmonie- und Identitätsempfindung hat, auf charakteristische Weise und das ist gut so.

5. Es gibt reale, mehr oder minder existentielle und es gibt fiktive Ängste, letzterer sollte man sich schnellstmöglich entledigen. Die ersteren, die Persönlichkeit prägenden, können sich auf Physisches[+] oder auf Psychisches beziehen, und sie können angemessen oder übertrieben sein. Wer sie nicht kennt, ist vielleicht ein glücklicher Idiot, aber, wenn nicht krank, jemand mit bemitleidenswert eingeschränktem Phantasievermögen. Wer von ihnen beherrscht wird, braucht professionelle Hilfe. Beispiel: Die Vorstellung, über uneingeschränkte Sinneswahrnehmung zu verfügen, klar denken zu können, aber zu keinem output (zu keiner willkürlichen Bewegung) mehr fähig zu sein, ist eine absolute Horrorvorstellung, zu der man in der Lage sein sollte, die Gefahr, in diese Lage zu geraten, ist aber so gering, daß wir mit dieser Vernichtungsperspektive relativ unbehelligt leben können. Sie wird uns aber helfen, uns richtig zu entscheiden, wenn einmal jemand aus unserer Nähe davon betroffen ist.

6. Die Angst[+] vor dem Ende braucht nach dem Gesagten nicht weiter thematisiert werden. Auf dem angemessenen Niveau hilft sie sich lebensbejahend zu verhalten. Ich möchte trotzdem darauf hinweisen, daß es ein simple Strategie zur Neutralisierung der Angst[+] gibt, die den gleichen Mechanismus nutzt: die Horrorvorstellung vor dem Nicht-Enden-Können. Das sollte das Lachen zurückbringen oder zumindest den Gleichmut.

7. Zu guter Letzt möchte ich mit der Vorstellung vom unbeschriebenen Blatt aufräumen, sie ist geradezu abenteuerlich falsch. Schon das Gehirn des Neugeborenen ist kein unbeschriebenes Blatt, wäre es das, wäre das Neugeborene nicht einmal zu tierischen Basisleistungen fähig, könnte keine Denkleistungen entwickeln und würde ohne dauerhafte Hilfe von Außen nicht überleben. Aber nicht nur die notwendigen Vorbedingungen, auch die physiologischen Funktionsbedingungen des neuronalen Apparats widersprechen der Idee des leeren Blatts. Sie machen das Denken zu einem irreversiblen Vorgang. Zwar können Denkinhalte, die sich physiologisch in Bahnungen realisieren, gelöscht werden, aber erstens ist der Löschvorgang sehr viel aufwändiger als der Schreibvorgang, zweitens ist es eher ein Überschreibvorgang, eine Schwärzung oder um im Bild zu bleiben eine Weißung, wobei Rückstände der ursprünglichen Einschreibung wie der Löschung zurückbleiben. Das kann nachgewiesen werden, indem eine Wiedereinschreibung effektiver als die Ersteinschreibung ist. Die Denkfähigkeit hängt davon ab, auf wie viel Material (gespeicherte Struktur) und auf wie viele neuronale Vernetzungen ich zugreifen kann, und wie viele Wege ich beschreiten und reflexiv aufeinander beziehen kann. Also auf einer großen Bestandsmenge, nicht auf einer möglichst großen Leere. Selbstverständlich gibt es Ballast und hemmende Fehlbestände. Es muß Denken nicht nur aufgebaut, sondern auch ständig nachgebessert, revidiert werden. Das kann sehr umfangreiche Segmente betreffen, die auf einer wackeligen Grundlage beruhen. Solche Probleme werden aber meistens erst in dem Überblick auf das Gesamtkonstrukt sichtbar, was bedeutet, daß der Fehler erst einmal gemacht werden mußte.

Alkohol, Drogen, Meditation und viele weitere psychosomatische Techniken sind teils problematische, teils segensreiche Eingriffe in vorgegebene Funktionsweisen, bevorzugt zur Reversibilisierung, aber auch zur Steigerung. Es ist nichts gegen Meditation als ein Mittel[+] der geistigen Hygiene zu sagen, das es erlaubt, sich von Fixierungen zu lösen und Denkmuster zur Disposition zu stellen, das hilft, Denken bewußt zu machen und das bewußte Denken punktuell zu korrigieren. Die Zuhilfenahme solcher Techniken ist angeraten, wenn das Denken seine Leichtigkeit und Offenheit verloren hat und sich nur noch im Kreise dreht. Umgekehrt ist einem zu flüssigen, haltlosen Denken die Beschäftigung mit Mathematik zu empfehlen, früher hat man in der Schule zu Latein geraten. Gänzlich uneinsichtig ist mir die Idee eines Nullpunktdenkens, des radikalen, allgemeinen Rückgangs auf das weiße, unbeschriebene Papier, oder der Vorschlag, nun einmal alles zu vergessen, was man zu wissen glaubt. Ich kann mir das nur aus einem religiösen Urimpuls[+] oder einem Wunderglauben erklären, dem zufolge der Erwachsene[+] die kindliche Unschuld verloren hat und erst wieder richtig, natürlich denkt, wenn er zum Kindstatus zurückkehrt. In noch einem Punkt reichen sich West und Ost die Hand. Nach christlicher Lehre hat die Ursünde[+] zur Todesstrafe und der erbärmlichen Todesangst geführt. Der Glaube tröstet uns mit dem ewigen Weiterleben im Himmel (wenn wir denn schön artig waren). In der Wiedergeburtslehre zwingt uns das schlechte Leben zu ewiger Reinkarnation, bis wir es uns verdient haben, im Nirvana zu verschwinden. Für mich ist das die gleiche Denkfigur.

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