Der Ich-Prozess

Über das, was das Bewusstsein ist und wie es zustande kommt und sich entwickelt, gibt es zahlreiche Theorien. Jede Theorie baut auf Fakten, also auf verfizierbaren Daten auf und begründet ihre Gültigkeit auf der Gültigkeit ihrer Vorhersagen (oder auch Extrapolationen). Eine Theorie steht und fällt mit der Widerspruchsfreiheit zu Fakten, also Messergebnissen, die im Vorhersage-Bereich der Theorie gegeben sind.

Für jede Theoriebildung des Bewusstseins gibt es grob betrachtet zwei Fakten- bzw. Datenquellen. Zum einen findet sich die „Innenansicht“, welche die materielle Konstitution des Gehirns und seiner „Anschlüsse“ als schwarze Kiste behandelt und die erleb- und beschreibbaren Phänomene, die Gefühlszustände (Affekte, Emotionen,...), ihre gezielte Modulation (die sog. Kognition, der Umgang mit Bestimmungen in der Gegenwart der Affekte) sowie das entsprechende Verhalten als Daten hat. Die zur „Innenansicht“ gehörenden wissenschaftlichen Disziplinen sind die Psychologie, die Philosophie und die sog. Geisteswissenschaften.

Zum anderen hat man die „Außenansicht“, welche das Gehirn, mitsamt vegetativem und somatischem Nervensystem als Träger des Bewusstseins behandelt und seine physikalische Struktur und seine Reizleitungseigenschaften zur Faktengrundlage hat. Die zugeordneten Wissenschaften sind die Neurophysiologie und die Physik elektrischer Reizleitungs- und Speichernetzwerke, also die sog. Neurowissenschaften.

Das Bewusstsein ist im Schnittfeld beider Untersuchungsgegenstände enthalten, so dass es eine Zuordnung (Verweisung, Entsprechung) zwischen den Elementen im Schnittfeld geben muss. Im Schnittfeld beider Ansichten befindet sich der neurobiologische Konstruktivismus[1], der die Begriffe beider Ansichten miteinander in Beziehung setzt. Wirklichkeit ist eine Konstruktion des (jeweils eigenen) Gehirns basierend auf dem Gedächtnis und den Sinnesreizen und Bewusstsein ist auch ein sich zeitlich entwickelndes elektrisches Anregungsmuster im Reizleitungsnetzwerk des Gehirns und des Nervensystems. Aus beiden Informationsquellen ergibt sich durch einen Konstruktionsvorgang das, was wir als Wirklichkeit bezeichnen.

Referenzen / Einzelnachweise